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Beim Vasaloppet Langlauf Wettbewerb in Schweden

Von 3. März 2024März 11th, 2024Wettkämpfe6 Minuten Lesezeit

Zuerst eine hypothetische Frage – was treibt einen langjährigen Flachlandtiroler an, sich mit nordischem Wintersport zu beschäftigen?

Meine Wurzeln als Wahl-Kelkheimers dafür liegen in meiner Jugend im Erzgebirge. In den damals noch strengen Wintern war Wintersport in allen Ausprägungen angesagt – Eislaufen, Eishockey, Skispringen, Skilanglauf und sogar auch etwas Alpinski.

Im ortsansässigen Skiverein wurde damals schon für Langdistanz Skirennen trainiert, damals allerdings noch kein Thema für mich. Aber spätestens mit dem Sieg des einzigen (Ost-)Deutschen 1975 bei Vasalauf in Schweden haben sich Name, Event und Ort im Gedächtnis eingebrannt.

Nach meinem Umzug ins Rhein-Main-Gebiet hat sich unsere Familie zunächst den Alpinskisport zu eigen gemacht, die Kinder standen mit jeweils 4 Jahren auf Skiern und haben bis heute viel Spaß daran. Doch parallel hatte ich auch immer Langlaufski im Gepäck und bin so manche Tal-Abfahrtspiste hinaufgelaufen, zunächst noch im Skating-Stil.

Nach einigen Teilnahmen an verschieden Ski-Marathon Veranstaltungen in Bodenmais, St.Johann/i.Tirol oder Leutasch/Seefeld kam auch wieder der Vasalauf ins Blickfeld.

Damit verbunden dann der komplette Umstieg auf die klassische Lauftechnik, denn Vasa-Lauf, die klassische Distanz von 90 km darf nur im klassischen diagonalen Stil bewältigt werden.

Im Winter 2019/-20 begann ich dann mit der unmittelbaren Vorbereitung, um 2021 an den Start gehen zu können. Abrupt unterbrochen wurde das Unternehmen durch die zwei Jahre anhaltende Corona-Pandemie.

Zwar fand der Lauf mit Einschränkungen statt, es fand sich aber kein deutscher Reiseveranstalter, der unter den drastischen Regelungen eine Reise nach Schweden veranstalten konnte.

Anschließend bremste mich eine Schulterverletzung mit OP aus. Erst Ende 2022 konnte i h wieder mit einem geregelten Training beginnen. Inzwischen gut ausgerüstet, konnten auch schneefreie Perioden mit Skirollern gut überbrückt werden. Im Herbst 2023 ging es dann in die heiße Phase.

Die nächste Schwierigkeit bestand in der Anmeldung zum Lauf. 2024 stand schließlich der 100. Jubiläumslauf an, der Andrang auf ca. 16.000 Startplätze war entsprechend groß. Über die Warteliste des sächsischen Aktiv-Reisen-Veranstalters Schulz-Sportreisen kam schließlich Ende Oktober die Zusage des Startplatzes – neue Motivation fürs Training.

Ein nur sehr kurzer Winter mit wenig Schnee in den Mittelgebirgen erforderte zusätzliche Logistik in der Organisation des Trainings. Der kurze Weg zum Hoherodskopf (Vogelsberg) auf die immer gut gespurten Loipen des TGV Schotten war nur selten möglich. Zusätzliche Trainingsfahrten ins entfernte Bodenmais (Bayrischer Wald) wurden notwendig und der eigentliche Alpin-Skiurlaub im Montafon wurde mit Langlauf-Trainingseinheiten ergänzt, das dann auch schon mal mit Stirnlampe.

Wer beim Vasalauf das erste Mal an den Start geht, steht in Startgruppe 10 – ganz hinten. Das wollte ich auf keinen Fall. Ein Test- und Qualifikationswettkampf musste her. Der geplante Skimarathon in St.Johann fiel leider dem Schneemangel zum Opfer. Eine Woche später fand zum Glück der Gsieser-Tal-Lauf in Südtirol statt. Trotz langer An- und Abreise und einem Sturz im Abschlusstraining konnte ich den Skimarathon erfolgreich gestalten. Ein Vorrücken in Startgruppe 7 beim Vasalauf war der Lohn der Bemühungen.

Nach über 800 Trainingskilometern, ungefähr die Hälfte auf Skirollern, dann endlich, Ende Februar Aufbruch nach Schweden.

Eine sehr gut organisierte Ski-Reise führte mich mit über 200 Skilanglaufbegeisterten (größtenteils Sachsen und Vogtländer) in die Region Dalarna nach Mittelschweden. Einzig das Wetter wollte in diesem Jahr nicht recht mitspielen. Nach einem langen und kalten Winter setzte leider Tauwetter und gelegentlicher Nieselregen ein.
Bei noch ausreichend Schnee konnte auf größtenteils gut gespurten Loipen, davon 2-mal auf der Original-Vasalauf-Strecke trainiert werden.

Aus den Erfahrungen der vorangegangenen Langdistanz-Wettkämpfe in verschiedenen Sportarten, konnte ich die aufkommende Nervosität ganz gut managen. Einzig das Wachsen des Wettkampf-Skis überließ ich dem Wachsmeister des Reiseveranstalters im Hüttendorf – zu Recht, wie sich bei schwierigen Schneebedingungen am Wettkampftag herausstellte.

3 März 2024 – Wettkampftag.

Die Busse bringen uns am frühen Morgen (2:30Uhr) in den ca. 120 km entfernten Startort Sälen. Bei Ankunft (4:45) ist es noch dunkel und nebelig. Einzig der Startplatz ist hell erleuchtet. Ich stelle mich mit den Skiern an das Startgate 7, welches um 5:30 öffnet. Es hat sich gelohnt, die Skier liegen in Reihe 2. D.h. ca. 6.000 Starter werden vor mir loslaufen. Egal, Hauptsache nicht ganz hinten.

Dann gibt es noch lecker Müsli und Tee im Bus, ehe man sich die Wettkampfkleidung überzieht. 7:30 – Abmarsch zum Start, zunächst noch über Kleider-LKW. Es beginnt zu regnen, guter Rat wird teuer. Entscheiden, was man anzieht, muss jetzt jeder für sich selbst.

Die Wiese neben dem Startgelände ist eine Matschlandschaft – Wacken lässt grüßen. Kleiderbeutel 1 in den LKW, Laufschuhe notdürftig säubern, rechtzeitig in der Startbox zu sein – auch wichtig, Zeit für ein letztes Foto, dann noch die Entscheidung für die 2 Layer-Strategie ohne Brille (wird sich als richtig erweisen), den Kleidersack 2 in die Box am Start und pünktlich 8:00 wird geschossen – es geht los.

Gemütlich setze ich mich mit der Masse von fast 16.000 Läufern beim größten Skirennen der Welt in Bewegung, um sich nach dem ersten Kilometer in die Warteschlange von ca. 2/3 der Teilnehmer am ersten Berg einzureihen. Von ca. 60 Spuren bleiben da noch ca. 20 übrig. Zudem müssen die meisten schon da in den Grätschschritt übergehen.

Man achtet höllisch auf das Material- ein Stockbruch hier wäre fatal. Es geht gut und nach knapp einer Stunde bin auch ich am höchsten Punkt und das eigentliche Rennen beginnt. Zum Glück hat der Regen mit dem Startschuß aufgehört.

Ich finde meinen Rhythmus und kämpfe, wie alle Teilnehmer, mit dem nassen Schnee und der an diesem Tag größtenteils fehlenden Spur. Der Ski läuft passabel, bergab etwas verhalten. Dafür kann ich bergan und an den kleinen Hügeln unterwegs punkten. Im Verlauf des Rennens kann ich immerhin ca. 1.500 Läufer überholen – eine Startgruppe weiter vorn wäre die richtige gewesen.

Auch die Verpflegungsstrategie geht zu 100% auf. 7 Verpflegungsstellen, 5 eigene Energy-Gels – kein Einbruch und nur wenig Geschwindigkeitsverlust am Ende.

Nach etwas mehr als 8h Einlauf durchs Tor im Zielort Mora – überglücklich und erhebend, es geschafft zu haben.

Viel Zeit und Blicke für die schöne Landschaft blieb unterwegs leider nicht. Dafür hat das Wetter gehalten – nur ganz wenige Tropfen unterwegs.

Wiederkommen – ja, vielleicht? Es war auf jeden Fall DAS Erlebnis in diesem Jahr.

Ergebnis: 4463.Ges, 493. AK, 8:15:29 h

Wer mehr zum Lauf wissen möchte: www.vasaloppet.se