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IRON(WO)MAN European Championship Frankfurt 2022

Von 26. Juni 2022Juli 23rd, 2022Triathlon21 Minuten Lesezeit

1092 Tage bis zum Ziel

Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Die Idee, zusammen bei einer Langdistanz zu starten, kam von Manuel im Juni 2019. Die Entscheidung fiel nach meinem zweiten Triathlon, der Halbdistanz am Chiemsee im Juni des gleichen Jahres. Wir machen das. Problem – keine Ahnung, wie man das angeht. Bine & Martin haben wir als erstes von der Idee erzählt.

Die beiden schauten sich an, muss es unbedingt zusammen an einem Tag sein? Wir sagten – JA. Manuel und ich wollten das Training gemeinsam durchziehen. Kommentar Martin: Der Weg ist das Ziel. Bine als Supporter für mehrere Athleten bekam bereits vorher schon Puls von 180, wenn sie an den Tag X dachte.

Im Dezember 2019 stiegen wir in das Training ein. Holprig (MTB Sturz), aber mit Spaß im Januar. Lanzarote. Kaum zurück, war es da, das Virus – Corona. Die Schwimmbäder schlossen, Training nur noch sehr eingeschränkt möglich usw… Bis Ende April 2020 trainierten wir nach Plan, aber nur zwei der Disziplinen – Schwimmen fehlte. Dann wurde aus der Befürchtung Gewissheit und der IM in Frankfurt abgesagt. So gut wie gar nichts fand 2020 statt. Das war das Aus, bevor es eigentlich angefangen hatte.

757 Tage bis zum Ziel

Performance halten, soweit es geht. Im Mai 2020 war ich mit Jutta in der Grube Prinz von Hessen das erste Mal seit langem schwimmen. Und da gab es noch ein paar Verrückte aus unserem Verein. Sind wir alle irgendwie. Mitte Juni öffneten die Freibäder. Also war schwimmen möglich, wenn man einen Slot gebucht hatte.

Das Jahr 2020 verging, ohne dass man es merkte. Ende 2020, Anfang 2021 war die Motivation in das Training voll einzusteigen bei 0%. Die Schwimmbäder hatten bereits im November 2020 geschlossen und sollten erst wieder im Ende April 2021 öffnen. Die Welt stand Kopf.

463 Tage bis zum Ziel

Am 20. März 2021 kam endlich nach langem Warten mein Tria Rad, das ich nach einigem hin, her und Zureden von Manuel bestellt hatte.

Dann wurde die Langdistanz in Frankfurt auf August verschoben. Aber schnell war klar, dass das Event einem schlecht trainierten Schwimmer keinen Spaß machen würde. Corona war präsenter denn je. IM offerierte die Möglichkeit noch einmal den Startplatz in das Jahr 2022 zu schieben und das machten wir. Noch ein weiteres Jahr trainieren. Das zweite Aus.

361 Tage bis zum Ziel

Im Juni 2021 sind wir mit Neo und den Rennrädern bepackt an den Lac d’Annecy gefahren. Da wir die Gegend bereits aus dem Vorjahr kannten, war es eine gute Möglichkeit Urlaub und Training zu kombinieren und viel draußen zu sein. Anderes war ohnehin nicht möglich. Wir mieden Menschenmassen. Maximal zum Eis schlichen wir uns mit FFP2 Maske in die volle und wunderschöne Altstadt von Annecy. Das Corona Virus isolierte uns.

237 Tage bis zum Ziel

Anfang November 2021 flogen wir nach Teneriffa in ein zweites Urlaubstrainingslager. Wir wollten unser Defizit im Schwimmen wieder wett machen. Die Kombination T3 Trainings Center und OWS im Meer ist zu empfehlen. Im Gegensatz dazu bedeutet Radfahren auf Teneriffa vor allem Höhenmeter anstatt viele Kilometer. Kannten wir von Frankreich. Zwischen den Jahren verbrachten wir eine Woche in Dänemark. Schwimmen auf einer leeren 50 m Bahn und Laufen im Schnee.

148 Tage bis zum Ziel

Ende Januar hatten wir einen Radurlaub auf Lanzarote gebucht. Der ursprüngliche Plan war mit sieben Leuten zu fliegen. Allerdings flogen wir nur zu dritt. Auch eine Folge von Corona. Stefan flog also mit zwei Verrückten zur IM Vorbereitung auf die Insel. Es war ein toller Urlaub. Das Hotel war widererwarten nur zu max. 35% ausgelastet. Heißt – wir hatten eine Menge Platz. Jeden Morgen um kurz vor sieben schwimmen. Die ersten zwei Tage sind wir ohne Neo geschwommen. Ich weiß allerdings bis heute noch nicht, wie ich 2000m ohne Neo in dem kalten Salzwasserpool ausgehalten habe. Rumpfstabi unter Palmen mit den Jungs war mit das Beste.

Wir schafften es von November 2021 bis April 2022 jeden Mittwoch in der Mittagspause in der Traglufthalle Riedbad zu schwimmen. Das war logistisch an manchen Tagen eine echte Herausforderung.

Das Training zog an. Ende Februar/März begannen wir mit längeren Koppeleinheiten. Selbst Ostern standen ungewöhnliche Einheiten auf dem Plan. Morgens vor dem Osterfrühstück Schwimmen und danach laufen. Kommentar beim Osterfrühstück von meiner Schwägerin: Macht ihr das jetzt jedes Jahr?

Pyramidenläufen und Tempoeinheiten auf dem Rad, kontrollierte Geschwindigkeiten in jeder Disziplin, Training bei der LG am Berg. Alles war in Kombination richtig gut und brachte Manuel und mich nochmal lauftechnisch vorwärts.

63 Tage bis zum Ziel

Dann kam das schwarze Wochenende.

Wir hatten Freitag Urlaub genommen. 180km auf dem Rad und 42km laufen an drei Tagen. Samstagfrüh wachte Manuel mit Halsschmerzen auf und fühlte sich nicht gut! Er fuhr trotzdem die Samstageinheit mit und ging auch noch laufen. Am Sonntag war klar, Manuel hatte sich mit COVID infiziert.

Jetzt so kurz vor dem Ziel. Schlecht, mental sowie für das Training in der Hochphase. Ich steckte ihn in Einzelhaft in der Hoffnung, dass der Kelch an mir vorbei gehen würde. Dienstags morgens war ich noch schwimmen und abends laufen, am nächsten Morgen – COVID positiv. Wo auch immer wir uns angesteckt haben, wir wissen es nicht. Soziale Kontakte waren gefühlt bei Null angekommen. Wir waren einfach zur falschen Zeit, am falschen Ort. Damit war das Training vorbei.

10 Tage nichts tun ist kein Problem, wenn es einem schlecht geht. Nach 11 Tagen wollten wir dann durchstarten, wurden aber von Martin zurückgepfiffen. 10 Tage hieß nicht nach 10 Tagen positiv, sondern Trainingsstart nach 10 Tagen negativ. Okay da haben wir wohl falsch gerechnet. Also Zeit anders genutzt und zum Gesundheitscheck und zur Kardiologie gerannt. Ergebnis: Bei mir alles okay, bei Manuel nicht.

Zweiter Termin in der Kardiologie bestätigt das Dilemma. Also das nächste Aus für „unseren Tag“, auf den wir so lange hintrainiert hatten? In dieser langen Vorbereitung schafften wir es uns immer wieder gegenseitig abzuholen und zu motivieren. Die Zeit war anstrengend, aber auch superschön.

Wir haben oft darüber gesprochen, und waren happy über die Tatsache, dass wir das alles gemeinsam machen konnten. Aber der Deal war – Fällt einer aus, startet der andere trotzdem. Das hörte sich einfach an, wenn man nicht in dieser Situation ist und das dann wirklich durchziehen muss.

Anfang Juni stieg ich verhalten wieder ins Training ein. Mit der unermüdlichen Unterstützung von Martin und Stefan ging es nun darum Trainingslücken von 4 Wochen zu kompensieren. Körperlich sicher nicht zu schaffen. Mental aber schon. Der Plan war erst eine Woche vor dem Wettkampf das Training merklich herunterzufahren.

15 Tage bis zum Ziel

Samstag, den 11. Juni ging es zum Swim Day an den Langener Waldsee. IM richtet den Swim Day auf der offiziellen Schwimmstrecke aus. Die DLRG ist ebenfalls im Wasser. Auf der Hinfahrt wurde ich etwas nervös. Martins Kommentar: Das wurde ja auch langsam mal Zeit.

Resümee: Schrecklich, gut, super Veranstaltung, ein Muss in der Vorbereitung. Schrecklich wurde es nach den ersten 100m, da mir das zu viele Menschen waren. Ich wechselte zum Brustschwimmen und hätte am liebsten den Rückwärtsgang eingelegt. Ich wollte nur zurück und nicht nach vorne. Am Ende war alles gut. Ohne das Wissen, mich beruhigen zu können und 3,8km durchgeschwommen zu sein, wäre ich wahrscheinlich nicht gestartet.

Noch drei Tage

40 Minuten Radfahren, 10 Minuten Laufen, 1000m Schwimmen und weitere Kombinationen dieser Art waren irgendwie komisch. Martin erklärte mir, dass der Körper nur bei Laune gehalten werden sollte.

Donnerstag 16:00 Uhr Abfahrt nach Frankfurt zur Startnummernausgabe. Bine und Martin begleiteten uns.

Abends Wechselbeutel vorbereiten und letzter Rad-Check. Freitag 13:00 Uhr ab zur Wettkampfbesprechung auf den Tribünen am Römer. Samstag, den 25.06.2022 morgens die letzte Trainingseinheit, dann 13:30 Uhr Langener Waldsee Rad Check-In und Abgabe der Wechselbeutel.

Der Tag Zero

Sonntag, den 26.06.2022 um 2:50 Uhr klingelte der Wecker. Als erstes schnappte ich das Handy und aktualisierte die Webseite des Langener Waldsees. Wassertemperatur 24,4 Grad – die Chancen standen gut mit Neo zu schwimmen. Aber die offizielle Ansage der Rennleitung 1h vor dem Start entscheidet. Während ich beim Frühstück saß, waren gefühlt die ganzen TreeTops schon unterwegs zum Waldsee. Um 4:15 Uhr fuhr mein Papa mich zum Hotel Le Méridien nach Frankfurt und von dort ging es mit dem Athleten Shuttle zum See. Würde ich jedem empfehlen.

Um 5:10 Uhr kamen wir endlich am Eingang des Langener Waldsees an. Die Wechselzone hatte erst seit 5 Uhr geöffnet, so dass das Gewusel echt beeindruckend war. Ich ging zum Eingang, zu dem nur die Athleten Zugang hatten, dann weiter zu meinem Rad, brachte meine Radflaschen, Radcomputer an und stopfte die Gummibärchen, Magnesium vorne in den Rahmen. Ein Blick zum Zaun und ich sah vertraute Gesichter. Ich schaute in einen Spiegel meiner Selbst, denn auch bei meinem Support Team sah ich Nervosität und Aufregung. Als die Durchsage kam, dass mit Neo geschwommen werden darf, machte sich etwas Erleichterung breit. Alle die da standen – Manuel, Bine, Martin, Stefan, Barbara, Maria, Eric, Jutta und Brauni konnten das wahrscheinlich gut nachvollziehen.

Um 6:00 Uhr wurde es irgendwie hektisch. Neo an, Badekappe und Schwimm-Brille packen und das Gel (bloß nichts vergessen Nadja). Auf einmal stand Kay vor mir. Total entspannt, erzählte er mir, er suche seine Schwimmbrille. Ich schaute ihn mit großen Augen an und verstand nicht, dass er da noch so ruhig bleiben konnte. Okay – das Mitnehmen einer Ersatzbrille macht wirklich Sinn. Ich holte die Brille raus und gab sie Kay für alle Fälle! Drücken, viel Glück wünschen und verabschieden: „Wir sehen uns im Ziel! Good Luck!“.

Ich gab den After-Race-Beutel ab und ging runter zum Strand. Als ich die vielen Menschen im Neo mit roten und vereinzelt weißen Badekappe sah, kam mir nur ein Gedanke: Diese unendlich vielen Menschen wollen da starten? Kuschelschwimmen.

Ablenkung. Maria, Eric und Bine waren plötzlich da. Nochmal ein Drücker an alle. Bine machte mir noch den Neo zu. Sie sah mich an und nahm mich in die Arme. Ich hatte großen Respekt vor dem Start, gemischt mit einem Hauch von Angst und dann noch ohne Manuel. Mir kam die WhatsApp von Bine in den Sinn: „Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es für die Hummel unmöglich zu fliegen, aber sie fliegt, weil sie es nicht weiß.“.

Tunnelblick. Startslot entsprechend der Schwimmzeit (01:15-01:25) gesucht und da standen alle – mit einem großartigen Plakat. Ich düste wieder zurück in die Mitte und schaute mich um. In den Gesichtern um mich herum sah man Ehrfurcht, Freude, Glück am Start zu stehen und Respekt mit der Frage: Was bringt der Tag? Es war fast mystisch, unwirklich und die Luft hatte ein Knistern.

Um Punkt 6:25 Uhr Start Profi Herren, 6:30 Uhr Start Profi Frauen, 6:35 Uhr Rolling Start der Agegrouper alle 5 sec 10 Athleten. Um 6:47 Uhr ging für meinen Slot die Schranke hoch und der Pulk bewegte sich zum Start. Dort lag die Matte, über die die Nettozeit gemessen wurde. Ein Blick nach rechts, ein letztes Lächeln zu meinem TreeTops Fan Club. Bis ich am Startbogen war verging eine gefühlte Ewigkeit.

Zero to Swim

Um 6:55 Uhr habe ich die Zeitmatte passiert. Los. Ich versuchte mich nach rechts zu orientieren. Keine Panik Nadja – schön kraulen und weiterschwimmen, die Boje beim Schauen fixieren. Ich dachte an Manuel und fand meinen Rhythmus. Dann war der Landgang in Sicht, der zweite Abschnitt. Schaffst du auch noch.

Ich schluckte ordentlich Wasser und die Wellen wurden mehr. Mist Wind kommt auf, bis ich geschnallt habe, dass das kein Wind ist. Das sind wir Schwimmer im See, die den Wellengang verursachen. Ich dachte an den Spruch von Reini: Das Schwimmen ist die einfachste Disziplin. Fast hätte ich einen Lachflash bekommen, aber irgendwo hatte er recht. Es ist nur der Einstieg und kurz, im Vergleich zu den anderen beiden Disziplinen. Da war der Ausstieg.

T1

Ich kam aus dem Wasser, drückte artig einmal unten auf die Uhr. Geschafft. Ich wunderte mich, warum die ganzen Athleten, die im Wasser nicht schnell genug schwimmen konnten, jetzt gemütlich in die Wechselzone gingen.

Nee, ich rannte, soweit ich das konnte an denen vorbei zum Wechselzelt. Kurzer Stopp bei den Planschbecken, um den Sand von den Füßen zu bekommen und dann weiter. Das Zelt voll, also wieder zurück an die Ständer den Neo ausstrampeln. Jetzt war Platz im Zelt. Durchatmen Nadja. Lass dir Zeit! Abtrocknen, Tri-Shirt, Socken, Schuhe, Brille und Helm anziehen, Fett-Cola trinken, ins Brot beißen und ein Hydrogel einfahren. Beutel in die Drop-off Box. In gerader Linie zum Dixie Klo, das verdutzte Gesicht von Reini hinterm Zaun, brachte mir ein Schmunzeln auf die Lippen. Als ich rauskam, meine Hose noch am hoch zuppeln war, hatte Reini nix besseres zu tun als zu filmen. Ernsthaft jetzt, fragte ich ihn, und musste lachen.

Bike

Ab nach vorne, schnappte mir mein Rad und war gefühlt direkt auf der Straße. Die Radstrecke Richtung Innenstadt war der Knaller, leicht bergab – oder war ich nur so voll mit Adrenalin? Ich musste mich zügeln nicht über 40km/h zu fahren. Bei km 3 stand Ralf und ich habe ihn fast nicht gesehen, schrie im Vorbeifahren seinen Namen und weg war ich.

Ich überholte nur. Nadja langsam. Okay das reguliert sich spätestens in der Wetterau. Ich hielt Abstand zu den anderen Athleten. An der alten Brücke Geschwindigkeit raus, denn ich wollte noch laufen. Kurz danach sah ich Didi und Brauni. Ich jubelte Ihnen zu! Auf der Hanauer Straße schaute ich, dass mir die Straßenbahn-Schienen nicht zum Verhängnis wurden.

Nach 20 km hatte ich bereits die erste Flasche geleert, war ich stolz. Ich schnappte mir eine neue Wasserflasche.

Am The Beast standen Reini und Doro mit dem Plakat für mich! Nach Enkheim ging es die lange Strecke bergab und ich versuchte nicht reinzutreten, sondern immer mit Bedacht zu fahren. In Hochstadt dann The Hell, das Kopfsteinpflaster. Konzentration, keine Flasche verlieren und auch nach vorne schauen, ob der Vordermann keine verliert. Der Hühnerberg war nochmal eklig, aber ich überholte immer noch Damen. Wie schnell sind die denn geschwommen, dachte ich.

In Altenstadt (km 57/10:15) war es richtig schön. Mit Party Musik durch den Kreisel hoch. Da standen Manuel, Bine und Martin, Barbara und Stefan mit Kuhglocke und TreeTops Fahne. Ich glaube es war am Berg nach Stammheim, als ich vor mir eine Startnummer mit dem Namen Thomas und auf dem Trikot den Namen Thosy las. Ich radelte langsam ran, schielte nach rechts und rief „Guggugg“. Thosy fiel fast vom Rad und meinte nur: „Nee Nadja, oder? Mach langsam am Berg!“ Ein gut gemeinter Tipp von einem erfahrenen Triathleten. Aber das vertrug sich gar nicht mit dem Adrenalin eines Rookies.

Ich musste häufig an die kleinen Erinnerungen denken: Didis Spruch auf Mallorca bei meinen ersten Radversuchen am Berg, als mir die Kette runterfiel – Anfängerfehler. Nadja, du musst topografisch fahren. Auch an Andrés Ansage: Hohe Frequenz Nadja, das ist knieschonend. Martin: Nadja, du musst ziehen, nicht nur drücken. Die Erinnerungen kamen und gingen und zauberten mir jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht.

An der Kreuzung Niederau, (km75/10:45) standen Martin, Bine und Manuel erneut. Die TreeTops Fahne um ein Straßenschild gewickelt. Keine 500m danach Barbara und Stefan mit der Kuhglocke. Motivation ist alles. Weiter, jetzt den ekligen Berg zwischen Enkheim und Vilbel.

Hinter Enkheim (km90/11:20) standen Doro, Reini, Tanja, und Wolfgang fotografierend auf dem Boden. Wieder Frankfurt, somit erste Runde fast geschafft. Nach Frankfurt rein wurde es eng. Ein Motorrad fuhr an mir vorbei, gefolgt von einem Athleten mit der Startnummer 12. Und das in einem Affenzahn. Ich wusste irgendwann ging es nach links, in die zweite Runde. Nicht weit weg bei km100/11:32 Uhr Maria, Eric und Jutta.

Vor The Hell Nummer zwei hatte ich die Gelflasche leer. Trinken und Ernährung funktionierte super. Ich schnappte mir an den Verpflegungsstellen Maurten-Gel und Riegel. Die Verpflegung ist echt Top. Öfter bekam ich schickes Rad, schickes Outfit, zugerufen. Wofür die alle noch Zeit haben!

Den Berg zum 2. Mal hoch zwischen Bad Vilbel und Bergen-Enkheim. Bald ist es geschafft. Bei km165 bekam ich an beiden Innenseiten der Oberschenkel einen Krampf. Mist, dachte ich. Ich nahm sofort Magnesium und radelte etwas vorsichtiger, musste Geschwindigkeit rausnehmen. Ich konnte nicht mehr überholen, jetzt wurde ich überholt. Hat weh getan. Nach Frankfurt rein konnte ich es rollen lassen und nahm bergab etwas Tempo auf. Den 31km/h Schnitt schaffte ich nicht, es blieb bei 30,8km/h. Das war auch super! Langsam um die letzte Kurve zur alten Brücke.

T2

Absteigen, Rad abstellen, Wechselbeutel schnappen und ins Zelt, in die Laufschuhe rein, Kappe auf, ins Toast beißen, Cola trinken. Los.

Run

Nach zwei Schritten wusste ich – die Sache ist geritzt. Egal wie, aber jetzt kam nur noch Laufen. Ob ich walken, laufen oder gehen würde, ich komme ins Ziel!

Gänsehaut. Ich lief los (14:33 Uhr). Manuel stand direkt am Anfang der Laufstrecke. Am Eisernen Steg warteten mit einem „Go Mami“ Schild Celine und Selim.

Das Lauf-Fläschchen war eine doofe Idee, hat scheiße geschmeckt und nervte hinten im Trikot. Ich sah Jutta und ohne Vorwarnung war das doofe Ding in der Luft zu ihr unterwegs.

Martin erwartete mich bei km2. Ich grinste ihn an, da ich wusste, dass ich zu schnell war. Bine rollerte mit mir über die Friedensbrücke und gen Wendepunkt. Dort stand Peter Kerger, der mich erst gar nicht erkannt hat. Weiter unten am Main meine Family. Am Eisernen Steg tauchten wieder Reini, Doro, Maria, Eric, Jutta, Tanja, Wolfgang.

Von allen Seiten hörte ich meinen Namen. Stefan rief mir zu „Nadja, behalte jetzt bloß die Nerven!“ Ich sah Barbara und Max. Jörg tauchte auf und meinte rennend „Das ist die Revanche für den Marathon“.

An der Gerber Mühle holte ich mir mein erstes Bändchen (grün). Es war so beeindruckend und alle jubelten mir zu. Doro und Reini hielten das Plakat hoch. Celine immer das Pappschild mit dem Aufdruck „Go Mami“. Ich war geflasht. Die ganzen bekannten Gesichter waren bei mir an der Strecke, um mich auf den letzten Kilometern des langen Weges zu begleiten. Mir fehlten die Worte und ich war überglücklich. Auf der Friedensbrücke rief mir Ralf zu: „Koste es was es wolle (, dieses Jahr starte ich)“ beendete ich den Satz in Gedanken.

Langsam taten die Füße weh und es war nicht mehr so locker flockig. Doch keine gute Idee die Schuhe zu nehmen, mit denen ich nicht so oft trainiert hatte. Trotzdem freute ich mich immer wieder Freunde, Bekannte, sogar unsere Nachbarn zu sehen, die wie aus dem Nichts alle an den unmöglichsten Stellen auftauchten, den ganzen Tag rumrannten, um mich nicht zu verpassen und anzufeuern.

Zweites Bändchen (weiß). Ich rief Martin bei km20 zu, das ich nicht mehr schneller kann. Maria lief auf der Frankfurter Seite kurz mit, da ich nicht mehr so entspannt aussah. Reini tauchte auf der Sachsenhausener Seite auf und rief mir zu „Das ist ganz normal und nur ein mentales Tief.“. Ich dachte ich höre nicht richtig „mentales Tief“. Mir ging es scheiße und ich hatte noch eine komplette Runde vor mir. Ich freute mich trotzdem noch und lächelte, dafür bekam ich viele lächelnde Gesichter zurück und auch Kommentare wie: „Da ist sie wieder, das großartige Outfit und sie lacht immer noch!“ Das tat richtig gut.

Bei der Gerber Mühle angekommen, um mir das dritte Bändchen abzuholen (hellblau), dachte ich wie gerne würde ich in die „Line 4“ laufen. Die letzte Runde war die Schwerste. Ich konnte keine Gels mehr nehmen und zwang mich an der Verpflegung wenigstens einen Schluck zu trinken. Die Salzbrezel blieb mir im Hals stecken, da ich nur wenig trinken konnte. Was für eine Schnapsidee eine Salzbrezel komplett in den Mund zu stecken. Ich wurde etwas langsamer.

Martin kam und er sagte nur „Lauf das Ding zu Ende, egal wie.“. Anja, eine alte Freundin sah ich am Gerippten. Dann zum letzten Mal auf die Friedensbrücke und ein letztes Mal auf die Sachsenhausener Seite wechseln, um mein viertes und letztes Bändchen (rot) zu holen.

Dann war es am Handgelenk.

Ich schaffe auch die letzte Runde für Manuel, vor allem für Manuel. Aber auch für Martin, der so viel Arbeit und Zeit investiert hat, um mich hier über die Strecke zu bringen. All die Freunde, Family, die uns/mich den langen Weg Stück für Stück begleitet haben. Dafür lohnt es sich auf der letzten Runde die Zähne zusammenzubeißen und nicht zu gehen, sondern zu laufen.

Also lief ich auch die letzte Brücke hoch. Auf den letzten Metern kurz vor dem Ziel überlegte ich einen Moment, einfach doch kurz zu gehen. Eine kleine Pause würde bestimmt guttun, um dann in den Zielkanal zu laufen. Noch ehe ich zu Ende gedacht hatte, sah ich meinen langjährigen Lauf- und mittlerweile auch Radtrainingspartner Stefan, der mir zurief „Nadja, die letzten 500m.“.

Mir kam Reinis kleine Helferlein Liste in den Sinn: GEHEN VERBOTEN.

Ich wollte nur noch ins Ziel. Am Eisernen Steg durfte ich rechts in den Zielkanal auf den roten Teppich. Anfangs klatsche ich noch ab und es war bewegend einzulaufen. Aber wenn ich stehen geblieben wäre, hätte ich nicht gewusst, ob ich weiterlaufen hätte können.

Finishline

Manuel, Celine und Fabienne, Bine und Martin, … und alle anderen habe ich nicht auf der Tribüne gesehen.

Obwohl André es noch geschrieben hat – „Nadja dreh dich um, koste es aus, schaue zurück und genieße es.“. Ich lief einfach durch ins Ziel. Unter dem Bogen mit der Zielzeit durch. Ich habe es geschafft. Überglücklich, gesund im Ziel.

Das war es jetzt, alles vorbei, Projekt beendet? Ich kann das eigentlich gar nicht fassen.